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«Seit meinem 18. Geburtstag
habe ich nie mehr gearbeitet»

Er sei besessen vom Fussball und würde gerne wieder eine Mannschaft trainieren, sagt der 72-jährige Gilbert Gress. Der erfolgsverwöhnte Elsässer, der als Trainer mit Racing Strasbourg und Neuchâtel Xamax Meistertitel feiern konnte, musste kürzlich eine bittere Niederlage einstecken: Das Schweizer Fernsehen setzt ihn nach 13 Jahren als Experten im TV-Studio ab. Zeit für einen Blick zurück. Gress erinnert sich daran, wie Beckenbauer ihn zu den Bayern locken wollte und wie sich die Spieler bei Strassburg vor wichtigen Spielen mit Steaks, Wein und Obstsalat stärkten.

Interview: Mathias Morgenthaler    Fotos: Adrian Moser


Kontakt und weitere Informationen:
www.gilbert-gress.com


Das Buch:

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Gilbert Gress (mit Christoph Ehrenzeller): Mein Leben für den Fussball. Giger Verlag, Altendorf 2014.


Gilbert Gress – Spieler, Trainer, Medienstar

Gilbert Gress wurde 1941 in Strassburg geboren. Mit 18 Jahren erhielt er einen Profivertrag bei Racing Strasbourg. Er spielte später bei Stuttgart, Marseille und drei Mal für die französische Nationalmannschaft.
Mit 33 Jahren wurde der französisch-schweizerische Doppelbürger Spielertrainer bei Neuchâtel Xamax, wo er in den Achtzigerjahren zwei Meistertitel und Erfolge im Europacup feiern konnte. Danach trainierte er Strassburg, die Schweizer Nationalmannschaft (1998/99), den FC Zürich, Aarau und Sion. Seit 13 Jahren ist Gress als Fussballexperte fürs Schweizer Fernsehen tätig. Zudem ist er seit 15 Jahren Ehrentrainer des FC Traktor, einer Gruppe geistig behinderter Fussballer. In der Deutschschweiz hat Gress durch die Doku-Soap «Der Match» Berühmtheit erlangt.
Gress wohnt mit seiner Frau in Strassburg und in St. Blaise bei Neuenburg.

Herr Gress, das Schweizer Fernsehen hat kürzlich bekannt gegeben, dass Ihre Zeit als Studioexperte diesen Sommer nach 13 Jahren ausläuft. Ist diese Absetzung schmerzhafter als jede Entlassung, die Sie als Trainer erlebt haben?
GILBERT GRESS: So oft bin ich als Trainer gar nicht entlassen worden. Der Entscheid des Schweizer Fernsehens kam überraschend für mich, aber er hat mir nicht den Schlaf geraubt. Meine Agenda ist voll, ich werde mich nicht langweilen. Zudem werden sicher andere Türen aufgehen, vielleicht wartet etwas Besseres auf mich.

Es muss Sie doch gekränkt haben, dass man Sie trotz Ihrer Beliebtheit einfach absägt.
Sagen wir es so: Ich mochte die Kameras immer, und die Kameras mochten mich. Durch die Doku-Soap «Der Match» wurde ich in der Deutschschweiz sehr populär. Wenn ich auf der Strasse angesprochen wurde, dann selten wegen meiner Erfolge als Spieler oder Trainer, sondern meistens wegen der TV-Auftritte. Kürzlich, als das Schweizer Fernsehen einen Workshop zur künftigen Programmgestaltung durchführte, wurde ich eingeladen, als sei ich ein Angestellter. Bei der Wahl des Schweizers des Jahres redete SRG-Generaldirektor Roger de Weck angeregt mit meiner Frau und lobte mich in den höchsten Tönen, sodass ihr am Ende fast die Tränen kamen, weil sie noch nie so viel Gutes über ihren Mann gehört hatte. Nach alldem war ich schon sehr überrascht.

Wie erklären Sie sich die Absetzung?
Ich weiss es nicht. Bei meiner Buch-Vernissage waren viele Leute vom Fernsehen dabei – das hat mich sehr berührt. Als Trainer hatte ich immer zwei Ziele: zu gewinnen und die Menschen glücklich zu machen. Das hat dazu geführt, dass mich oft wildfremde Menschen ansprachen, um mir für schöne Momente in ihrem Leben zu danken. Ein Kellner in Strassburg sagte mir einmal, 1979 seien seine Eltern nach dem Sieg über Michel Platinis Nancy sehr glücklich nach Hause gegangen und hätten mit Champagner gefeiert; neun Monate später habe er das Licht der Welt erblickt. Hätte ich Strassburg an dem Tag nicht zum Sieg geführt, wäre der Mann nicht geboren worden.

Haben Sie den anderen TV-Leuten die Show gestohlen als Studiogast?
Es ist nie gut, wenn man zu populär wird – vor allem in einem Unternehmen, in dem vielleicht nicht alle Chefs einen ausgeprägten Sinn für Humor haben. Mir war es immer wichtig, die Leute nicht zu langweilen. Ich fühlte mich in dieser Hinsicht in der Deutschschweiz viel besser aufgehoben als in Frankreich oder bei den Romands. Bei den Franzosen ist es furchtbar, da schwatzen drei Experten 90 Minuten lang ohne Pause.

Der Entscheid dürfte Sie empfindlich treffen, da Sie bekanntermassen eine Ferienallergie haben und nach ein paar Tagen ohne berufliche Pflichten unausstehlich werden. Woher kommt diese Rastlosigkeit?
Ferien waren für mich schon als Kind der reinste Horror. In Frankreich war das besonders schlimm, da dauerten die Sommerferien damals von Mitte Juli bis Anfang Oktober. Ich habe immer gezittert, wenn im Sommer die Frage im Raum stand, welche Kinder ins Ferienlager möchten. Für mich war das Wichtigste, vom Morgen bis am Abend jede freie Minute auf dem Fussballplatz zu verbringen. Oft war es kein richtiger Platz, sondern eine freie Asphaltfläche, zwei Steine, die das Tor markierten, und etwas Ballähnliches, gegen das man treten konnte. Mehr brauchte ich nicht, um glücklich zu sein.

Inzwischen sind Sie aber kein Kind mehr, sondern 72-jährig. Warum können Sie Ferien immer noch nicht richtig geniessen?
Ich geniesse sie ja, aber nach einer Woche will ich zurück zum Fussball. Ich bin besessen vom Fussball, das wird sich in diesem Leben nicht mehr ändern. Und als rastlos würde ich mich nicht bezeichnen. Ich bin sehr beständig. Meine Frau, mit der ich seit 50 Jahren verheiratet bin, und ich gingen jahrzehntelang am gleichen Ort in die Ferien, La Clusaz im Winter, Juan-Les-Pins bei Cannes im Sommer. Als unsere Gastgeber dort nach 28 Jahren pensioniert wurden, sattelten wir auf Zermatt und Ascona um. Wenn ich zufrieden bin, bin ich ein sehr treuer Mensch. Ich vertraue seit Ewigkeiten dem gleichen Coiffeur in Strassburg.

Im Fussballbusiness ist Treue eher hinderlich. Sie spielten bei Strasbourg, Stuttgart, Marseille und Xamax – warum haben Sie nie zu einem ganz grossen Klub gewechselt als Spieler? Fehlte es an Gelegenheiten oder am Mut?
Als ich 1966 von Racing Strasbourg zum VfB Stuttgart wechselte, war das ein mutiger Schritt. Ich war der erste Franzose, der in der Bundesliga spielte – damals waren nur zwei Ausländer spielberechtigt. Ich ging übrigens nicht wegen des Geldes, sondern weil der Fussball schon damals in Deutschland einen ganz anderen Stellenwert hatte. In Strassburg waren wir 13 Profis und trainierten bei schlechtem Wetter auf dem Parkplatz. In Stuttgart kam ich in eine Mannschaft mit 25 Profis, es gab zehn Trainingsplätze. Zu meinem zweiten Spiel kamen 77 000 Zuschauer statt 20 000. Aber auch in Deutschland war nicht alles professionell. Wenn ich denke, was meine Teamkollegen damals getrunken und gegessen haben, wird mir heute noch schlecht.
In Frankreich wird das nicht besser gewesen sein.
Nein, mon Dieu, das war grauenhaft. Wenn wir in den Sechzigerjahren bei 35 Grad um 15 Uhr einen Match hatten, traf sich das Team um halb zwölf zum Mittagessen. Es gab Crudités, Schinken, Steaks mit Kartoffelstock, Obstsalat, dazu Rotwein und Kaffee – also lauter Dinge, die kein vernünftiger Sportler vor einem Wettkampf zu sich nehmen würde.

In Stuttgart waren Sie sehr populär. Stimmt es, dass Sie ein Angebot von Bayern München ausschlugen?
Ich erhielt damals bis zu 170 Fanbriefe pro Tag. In der Saison 1968/69 lagen wir sechs Runden vor Schluss hinter den Bayern auf Rang 2. Drei Stunden vor dem wegweisenden Spiel gegen Bayern München rief mich Robert Schwan, der Manager von Beckenbauer und Bayern München, an und sagte, die Bayern möchten mit mir über eine Verpflichtung sprechen. Er schlug mir allen Ernstes vor, Franz Beckenbauer werde mir in der zweiten Halbzeit des Matches einen Zettel zustecken, auf dem der Treffpunkt für die Vertragsverhandlungen vermerkt sei. Ich konnte ihm das mit Mühe ausreden, schon damals gab es zu viele Kameras und 77 000 Zuschauer im Stadion.

Daran ist der Wechsel gescheitert?
Nein, das Treffen fand am Sonntag nach dem Spiel dann doch statt, der Trainer und der Manager von Bayern München stiegen zu mir und meiner Frau ins Auto, wir fuhren über einen Feldweg, und nach zwei Stunden waren wir nahe an einer Einigung. Ich wollte mir die Sache aber noch gründlich überlegen und auch meinen Verein offen informieren. Das ging natürlich sofort an die Presse, die in offenen Briefen an mein Gewissen und Ehrgefühl appellierte. So entschied ich mich schliesslich gegen einen Wechsel – und schlug den Rat meiner Frau in den Wind. Das war auch in diesem Fall ein Fehler.

Auch als Trainer wagten Sie nie den Schritt zu einem grossen Verein.
Moment, ich blieb drei Jahre und zwei Monate lang Trainer bei Racing Strasbourg. Das brauchte mehr Mut als jeder Wechsel. Strasbourg hat eine 106-jährige Klubgeschichte. Kein Trainer dieser Welt hielt es dort drei Jahre aus.

Bei der Schweizer Nationalmannschaft wollte man 1999 den Vertrag mit Ihnen verlängern, obwohl Sie die EM-Qualifikation verpasst hatten. Warum haben Sie die entscheidende Sitzung geschwänzt und damit Ihre Absetzung provoziert?
Das war einfach nur blöd von mir. Verbandspräsident Marcel Mathier bot mich auf 9 Uhr zu einer Sitzung auf, an der wir uns über einen neuen Vertrag einigen sollten, und teilte mir gleichzeitig mit, um 10 Uhr müsse er an der Generalversammlung bekannt geben, ob wir uns hätten einigen können. Ich versuchte, Mathier am Vorabend der Sitzung zu erreichen, um ihm zu sagen, ich brauchte mehr Bedenkzeit. Schliesslich blieb ich der Sitzung einfach fern, was sicher ein Fehler war. Aber auch da lag es nicht am Geld, wie später kolportiert wurde. Geld war nie ausschlaggebend bei meinen Entscheiden. Als ich bei Xamax-Trainer war, hätte ich zu Stuttgart wechseln und meinen Lohn verzehnfachen können. Ich lehnte ab, weil ich bei Xamax unter Gilbert Facchinetti die besten Arbeitsbedingungen hatte, die ich mir vorstellen konnte. Der wichtigste Mann in jedem Fussballklub ist der Präsident. Er und der Trainer machen mehr als 50 Prozent des Erfolgs aus.

Heute hat man eher das Gefühl: Wenn Geldgeber ein paar Hundert Millionen beisteuern, damit die besten Spieler verpflichtet werden können, lässt sich der Erfolg kaufen.
Nein, das stimmt nicht. Wenn das so wäre, stünde Paris Saint-Germain oder Chelsea im Champions-League-Finale und nicht Atlético Madrid. Mit Xamax habe ich mehrmals erlebt, was mit bescheidenen Mitteln möglich ist. 1981 qualifizierte sich Xamax im letzten Meisterschaftsspiel erstmals für den Europacup, musste aber Lucien Favre und zwei andere Leistungsträger ziehen lassen. Präsident Facchinetti, der mich als Trainer zurückgeholt hatte, sagte mir, wegen der Prämien, die er ausschütten müsse, gebe es kein Geld für Neuverpflichtungen. Er habe aber ein Ass im Ärmel: Don Givens.

Ein Spieler mit grosser Vergangenheit bei Manchester United.
Ja, grosse Vergangenheit, aber triste Gegenwart. Als ich Givens sah, erschrak ich. Er hinkte und machte auch sonst den Eindruck eines gebrechlichen alten Mannes. Beim ersten Training zeigte sich, dass er wirklich in erbärmlichem Zustand war. Er brauchte 20 Minuten länger für den Dauerlauf als das restliche Team und meldete sich danach für zwei Wochen in die Ferien ab. Als er zurückkehrte, war er wie verwandelt und wurde zum wichtigsten Mann einer Mannschaft, die im Viertelfinal nur ganz knapp am Starensemble von Hamburg scheiterte.

Sie haben den Fussball als Spieler, Trainer und Kommentator geprägt. In welcher Rolle waren Sie am besten?
Ich hatte das Glück, mich in allen drei Rollen sehr wohlzufühlen. Aber als Trainer habe ich die Erfolge am meisten ausgekostet. Als Spieler hast du weniger Einfluss. Du kannst entscheidende Tore schiessen, aber du kannst eine Mannschaft nicht prägen, ihr nicht deine Handschrift geben. In meinem Herzen bin ich Trainer seit meinem zwölften Lebensjahr. Als ich mit 18 bei Strasbourg Profi wurde, diskutierte der Trainer oft mit mir über taktische Fragen. Ich war schon immer Trainer und bin es heute noch.

Aber Sie rechnen nicht mehr ernsthaft damit, noch einmal einen Klub zu übernehmen, oder?
Warum nicht? Wenn eine seriöse Anfrage käme, würde ich mir das sehr gut überlegen und vermutlich zusagen. Es gibt keine jungen oder alten Trainer, es gibt nur gute und weniger gute. Und ich bin so unbescheiden, mich zu den guten zu zählen. In der Schweiz habe ich zuletzt Aarau und Sion in der Krise übernommen und in 24 Partien nur einmal verloren. Ich war selber ein wenig überrascht, dass ich danach nicht mehr Angebote erhielt.

Sind Ihnen Selbstzweifel generell fremd?
Beim Fussball und beim Kartenspiel habe ich keine Selbstzweifel, auch wenn es vor jedem Spiel heikle Fragen gibt. In allem anderen bin ich höchstens Durchschnitt.

Vielleicht erreichen die Angebote Sie nicht, weil Sie weder E-Mail nutzen noch einen Agenten haben.
Der Agent ist heute fast wichtiger als der Leistungsausweis. Manchmal staune ich schon, dass ein Trainer, der wegen notorischer Erfolglosigkeit beim Klub A entlassen wird, schon zwei Tage später beim Klub B unter Vertrag genommen wird.

Würde ein 72-jähriger Trainer, der eine TV-Fernbedienung nicht von einem Mobiltelefon unterscheiden kann, überhaupt akzeptiert von den jungen Spielern?
(lacht) Das war doch ein einmaliger Ausrutscher eines jungen Trainers. Als ich 1998 mein erstes Länderspiel als Nationaltrainer gegen England absolvierte, wollte ich meiner Frau nach dem Spiel sofort Bescheid sagen. Mein Assistent machte mich schliesslich darauf aufmerksam, dass das Gerät an meinem Ohr eine TV-Fernbedienung war. Als ich mit seinem Handy meine Frau erreichte, beklagte sie sich als Erstes, sie könne die TV-Fernbedienung nicht finden. Aber das ist 15 Jahre her, inzwischen habe ich das Telefonieren im Griff. Die jungen Leute erreiche ich sehr gut – oft ist das Verhältnis von Grosseltern zu den Enkeln ja besser als das zu den eigenen Kindern. Ich habe meine Enkelkinder auch mehr in den Armen als damals meine beiden Kinder, die bei den Eltern meiner Frau aufgewachsen sind.

Aber heute wird ein ganz anderer Fussball gespielt als vor 20 Jahren.
Ach was. Erinnern Sie sich daran, wie Pep Guardiola antwortete, nachdem sein Barcelona vor vier Jahren Real Madrid mit 5:0 gedemütigt hatte? Er widme diesen Sieg Johan Cruyff, von dem er dieses System vor über 20 Jahren gelernt habe. Wir spielten mit Strassburg und Xamax vor über 30 Jahren sehr intelligenten, modernen Fussball, die Stürmer haben verteidigt, die Verteidiger Tore geschossen.

Wann haben Sie am meisten Geld verdient in Ihrer Karriere?
Das war wahrscheinlich als Trainer bei Servette in der Saison 1990/91.

Wie hoch war Ihr Jahreslohn 1982 als Erfolgstrainer von Xamax?
Was glauben Sie?

200 000 Franken?
Nein, es war nicht einmal die Hälfte ohne Prämien. Ich habe an jeder Wirkungsstätte mehr gegeben als erhalten.

Heute verdienen schon Teenager deutlich mehr. Stört Sie das?
Ich gönne es jedem, aber für die jungen Spieler ist das schwierig. Ich absolvierte damals eine Lehre in einem Transportunternehmen, wo ich 25 Französische Francs, also vier Franken, pro Monat erhielt und mir durch 50 Überstunden nochmals so viel dazuverdiente. Der erste Profivertrag war mit 650 Francs, also 100 Franken, pro Monat dotiert. Was mich wirklich stört, ist, dass der Fussball zum Teil seine regionalen Wurzeln verliert und damit die Identifikation verloren geht. Paris Saint-Germain wurde mit einer Söldnertruppe französischer Meister. Bei uns in Strasbourg waren 1979 acht Elsässer im Meisterteam, bei Xamax acht Neuenburger.

Wer gewinnt am 24. Mai das Finalspiel der Champions League?
Ich tippe auf Real Madrid. Real hat mehr Spieler, die mit einer einzelnen Aktion Entscheidendes bewirken können. Aber wie man weiss, ist auf meine Tipps nicht immer Verlass.

Was trauen Sie der Schweiz an der WM in Brasilien zu?
Ottmar Hitzfeld fährt mit der talentiertesten Nationalmannschaft aller Zeiten nach Brasilien. Das Kader ist nicht nur voller Talente, sondern auch ausgeglichen besetzt. Es sollte möglich sein, die Gruppenphase zu überstehen. Lieber gegen Frankreich verlieren und Ecuador und Honduras schlagen als wie vor vier Jahren Spanien besiegen und dann ängstlich scheitern. In einem Achtelfinale gegen Argentinien liegt etwas drin, wenn Lionel Messi bis dahin seine Form nicht wiederfindet. Und ein Viertelfinalspiel gegen Deutschland wäre eine traumhafte Affiche.

Was machen Sie nach der WM, wenn Sie nicht mehr als TV-Experte auftreten? Alle freie Zeit Ihrer Frau widmen?
Die Ehefrauen von Fussballtrainern sind allesamt Heilige, sie müssen auf so viel verzichten wegen unseres Jobs. Ich war sehr überrascht, als meine Frau mich vor einiger Zeit fragte, ob ich nicht wieder eine Mannschaft übernehmen möchte. Ich habe noch keine Ahnung, derzeit ist alles offen. Ich weiss nur, dass ich fit für jede Herausforderung bin. Ich fühle mich nicht wie 72, sondern wie 40 – ich war eigentlich immer schon 40. Das hängt auch damit zusammen, dass ich seit meinem 18. Geburtstag nie mehr gearbeitet habe. Ich bin meiner Leidenschaft gefolgt und habe erst noch Geld dafür erhalten. Ich bin wirklich ein Glückskind. Ich war nie ernsthaft verletzt und praktisch nie krank, mein Bruder dagegen musste 17 Operationen über sich ergehen lassen. Manchmal sagt er im Halbernst, er habe alles auf sich genommen und mir den Rücken freigehalten.


3. Mai 2014